Teil 2: SPD, FDP, Die Linke
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Die möglichen Spitzenkandidaten der SPD: Wer führt die Partei aus der Krise?
Bei den letzten Bundestagswahlen wurde der Spitzenkandidat der SPD stets erst einige Monate vor der Wahl bekanntgegeben. Doch dieses Verfahren hatte auch zur Folge, dass der Kandidat nur einen kurzen Wahlkampf führen konnte.
Deswegen hat die SPD-Führung beschlossen, den Kandidaten oder die Kandidatin für die Bundestagswahl 2021 deutlich früher bekanntzugeben.1
Umfragen zu Kanzlerkandidaten der SPD
Für die Bundestagswahl 2021 wurden noch keine Meinungsumfragen zu möglichen Kanzlerkandidaten der SPD veröffentlicht. Derzeit kann die Beliebtheit einzelner SPD-Politiker anhand von Umfragen eingeschätzt werden, bei denen Politier aus allen Lagern nach Zustimmung gelistet werden:
- ARD-DeutschlandTREND (Infratest dimap): zwölf Politiker, davon einer bis vier aus der SPD
- FOCUS-Ranking (INSA): 22 Politiker, in der Regel fünf Sozialdemokraten
- ZDF-Politbarometer (Forschungsgruppe Wahlen): sechs bis acht Politiker, zuletzt war hier Olaf Scholz der einzige Vertreter der SPD
Umfrage 1
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Umfrage 1: Zustimmung zu Politikern der SPD (INSA)
Inwiefern vertreten die folgenden Politikerinnen und Politiker Ihre Interessen?
- Olaf Scholz (Finanzminister, Vizekanzler): 119 Punkte
- Lars Klingbeil (SPD-Generalsekretär): 89 Punkte
- Kevin Kühnert (stellv. Bundesvorsitzender): 85 Punkte
- Norbert Walter-Borjans (SPD-Vorsitzender): 82 Punkte
- Saskia Esken (SPD-Vorsitzende): 75 Punkte
Die Zustimmung wird auf einer Skala von 0 bis 300 gemessen. Quelle: FOCUS, Rangliste der deutschen Politiker (FOCUS-Ranking), INSA, 07.08.2020. Diagramm: www.bundestagswahl-2021.de
Umfrage 2: Zustimmung zu Politikern der SPD (INSA)
Inwiefern vertreten die folgenden Politikerinnen und Politiker Ihre Interessen?
- Olaf Scholz (Finanzminister, Vizekanzler): 133 Punkte
- Lars Klingbeil (SPD-Generalsekretär): 89 Punkte
- Kevin Kühnert (stellv. Bundesvorsitzender): 88 Punkte
- Norbert Walter-Borjans (SPD-Vorsitzender): 81 Punkte
- Saskia Esken (SPD-Vorsitzende): 76 Punkte
Die Zustimmung wird auf einer Skala von 0 bis 300 gemessen. Quelle: FOCUS, Rangliste der deutschen Politiker (FOCUS-Ranking), INSA, 20.05.2020. Diagramm: www.bundestagswahl-2021.de
Umfrage 3: Zufriedenheit mit Politikern der SPD (Infratest dimap)
Anteil der Befragten, die mit der politischen Arbeit des genannten Politikers sehr zufrieden oder zufrieden sind.
- Olaf Scholz (Finanzminister, Vizekanzler): 59 Prozent
- Hubertus Heil (Arbeitsminister): 40 Prozent
- Franziska Giffey (Familienministerin): 39 Prozent
- Saskia Esken (SPD-Vorsitzende): 14 Prozent
Quelle: ARD-DeutschlandTREND Mai 2020, Infratest dimap. Diagramm: www.bundestagswahl-2021.de
Ergebnisse der Umfragen nicht untereinander vergleichbar
Durch verschiedene Bewertungssysteme sind die Ergebnisse der Umfragen der verschiedenen Umfrageinstitute nicht untereinander vergleichbar. Beim ARD-Deutschlandtrend wird die „Politikerzufriedenheit“ in vier Kategorien eingeordnet (sehr zufrieden/zufrieden/weniger zufrieden/gar nicht zufrieden) während beim FOCUS-Ranking die Zustimmung auf einer Skala von 0 bis 300 gemessen wird. Im ZDF-Politbarometer erfolgt die Bewertung von Politikern auf einer Skala von +5 bis −5.
Olaf Scholz: vom Vizekanzler zum Kanzlerkandidaten
10. August 2020: Olaf Scholz als SPD-Kanzlerkandidat nominiert
Die SPD-Parteispitze hat Bundesfinanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz zum Kanzlerkandidaten für die Bundestagswahl 2021 einstimmig nominiert.2, 3
Für die nächste Bundestagswahl, wie schon für die Bundestagswahl 2017, wird Olaf Scholz als möglicher Spitzenkandidat der SPD gehandelt – zuweilen sogar als Favorit.4
Olaf Scholz wurde im Juni 1958 in Osnabrück geboren und wuchs in Hamburg auf. Er nahm 1978 ein Studium der Rechtswissenschaft an der Hamburger Universität auf. Als Fachanwalt für Arbeitsrecht gründete er eine Anwaltskanzlei, in der er noch Partner ist.
Olaf Scholz‘ Karriere in der SPD
Seit Dezember 2001 ist Olaf Scholz Mitglied im Parteivorstand der SPD. 2002 wurde er mit 91,3 Prozent zum Generalsekretär der SPD gewählt, ein Amt, das er bis 2004 innehatte. Im November 2009 wurde er stellvertretender Parteivorsitzenden der SPD.
Olaf Scholz ist seit März 2018 Bundesminister der Finanzen
Foto: Inga Kjer/Photothek/Deutscher Bundestag. Quelle: Flickr. Lizenz: CC BY-SA 2.0
Olaf Scholz‘ Weg in die Bundesregierung
Abgesehen von einer kurzen Phase zwischen 2001 und 2002 ist Olaf Scholz seit 1998 Mitglied des Deutschen Bundestags. Im Herbst 2007 wurde er Bundesminister für Arbeit und Soziales und führte dieses Amt zwei Jahre lang aus.
Zwischen März 2011 und März 2018 war Olaf Scholz Erster Bürgermeister von Hamburg. Als er im März 2018 zum Bundesminister der Finanzen ernannt wurde, legte er das Amt des Bürgermeisters nieder. Olaf Scholz ist außerdem amtierender Vizekanzler (offiziell: Stellvertreter der Bundeskanzlerin).
Positionen und Kontroversen
Kevin Kühnert: der öffentlichkeitswirksame Vertreter des linken Flügels
Kevin Kühnert ist seit 2017 der Bundesvorsitzende der Jugendorganisation der SPD, der Jungsozialisten. Kühnert gilt trotz seiner erst 30 Jahre bereits als eines der einflussreichsten Mitglieder der SPD7 und wurde 2018 vom „Time Magazine“ zu einem „Next Generation Leader“ gekürt.
Juso-Chef Kevin Kühnert wird oft als Hoffnungsträger der Sozialdemokratie gesehen
Foto: Rosa Luxemburg-Stiftung. Quelle: Flickr. Lizenz: CC BY 2.0
Bekannt wurde Kühnert durch seine „#NoGroKo“-Initiative, die sich nach der Bundestagswahl 2017 gegen eine erneute Große Koalition zwischen SPD, CDU und CSU positionierte. Wesentliche Kritikpunkte an der Großen Koalition waren das Fehlen eines Fortschrittwillens und die Zusammenarbeit mit der CSU, der Kühnert Rassismus vorwirft.8
Kevin Kühnert, der dem linken Parteiflügel der SPD zuzuordnen ist,9 tritt unter anderem für einen Mindestlohn in Höhe von 12 € pro Stunde und eine Vermögenssteuer ein. Er sieht die Sozialdemokratie in ganz Europa auf einem neoliberalen Irrweg und wünscht sich für die SPD einen neuen sozialdemokratischen Aufbruch, basierend auf essenziellen Werten der Sozialdemokratie: Sozialstaat, Gerechtigkeit und Umverteilung.
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Die FDP bei der Bundestagwahl 2021
Christian Lindner: der unangefochtene Spitzenkandidat der FDP
Seit der Bundestagswahl 2017 ist die FDP wieder im Deutschen Bundestag vertreten. 2013 hatte die Partei erstmals seit ihrem Bestehen die 5-Prozent-Hürde nicht übersprungen (4,8 Prozent) und konnte deshalb nicht in den Bundestag einziehen. Unter der Führung des Parteivorsitzenden Christian Lindner erhielt die FDP bei der letzten Bundestagswahl 10,7 Prozent der Zweitstimmen und wurde viertstärkste Fraktion im Deutschen Bundestag.
„Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren.“
Christian Lindner, 20.11.2017
Christian Lindner: als Spitzenkandidat für 2021 scheinbar alternativlos
Foto: Stephan Roehl. Quelle: Heinrich-Böll-Stiftung/Flickr. Lizenz: CC BY-SA 2.0
Nach der Bundestagswahl folgten vier Wochen Sondierungsgespräche mit CDU, CSU und Grünen über eine mögliche Jamaika-Koalition – bis Christian Lindner die Gespräche mit dem Statement beendete: „Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren.“10 Es folgte ein instabiles Zwangsbündnis zwischen Union und SPD, und Lindners FPD wechselte in die Opposition.
Trotz Umfragen-Stillstand: Lindner als Spitzenkandidat konkurrenzlos
Vom Sinkflug der GroKo-Parteien profitiert die FDP jedoch nicht: Seit dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen verharrt die FDP bei Sonntagsfragen zur Bundestagswahl im einstelligen Prozentbereich. Bei Landtagswahlen blieben die Liberalen stets unter 7,5 Prozent, bei der Europawahl 2019 bekam die FDP in Deutschland gerade einmal 5,4 Prozent der Wählerstimmen. Als Reaktion auf den Höhenflug der Grünen haben auch die Freien Demokraten das Thema Klimaschutz Mitte 2019 für sich entdeckt – daraus wurde „German Engineered Klimaschutz“.11
Derzeit gibt es in der FDP niemanden, der Lindner seine Führung in Partei und Fraktion streitig machen könnte. Entsprechend wird er voraussichtlich die FDP in den nächsten Bundestagswahlkampf führen. Es ist damit zu rechnen, dass er erneut alleine an der Spitze stehen wird.
Wer wird Spitzenkandidat der Linken? Spannung bis Ende 2020
Bei der Bundestagswahl 2017 stellten die damaligen Fraktionsvorsitzenden der Linken, Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch, auch zugleich das Spitzenduo im Bundestagswahlkampf. Wer bei der Bundestagswahl 2021 die Linke in den Wahlkampf führen wird, steht noch nicht fest.
Katja Kipping und Bernd Riexinger sind seit acht Jahren Bundesvorsitzende – eine gute Ausgangslage für ein eventuelles Spitzenduo. Allerdings dürfen laut Bundessatzung Parteiämter nicht länger als acht Jahre ausgeübt werden:12 Auf dem Erfurter Parteitag Ende Oktober 2020 wird der Parteivorstand neu gewählt.
Katja Kipping und Bernd Riexinger sind seit 2012 Parteivorsitzende der Linken
Foto: Jakob Huber. Quelle: Die Linke auf Flickr. Lizenz: CC BY 2.0
Darüber hinaus zählt Sahra Wagenknecht – trotz ihres Rückzugs von der Fraktionsspitze – weiterhin zu den beliebtesten Politikern Deutschlands.13 Welche Rolle sie in Zukunft innerhalb der Partei spielen wird, könnte sich auf dem Parteitag ebenfalls klären.
Nächster Artikel:
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- Spiegel Online, SPD will nächsten Kanzlerkandidaten früh bestimmen, 11.06.2018
- Zeit Online, SPD-Spitze nominiert Olaf Scholz als Kanzlerkandidaten, 10.08.2020
- tagesschau.de, Partei nominiert Finanzminister: Scholz wird SPD-Kanzlerkandidat, 10.08.2020
- Spiegel Online, SPD in der Coronakrise: Den Anschluss verbummelt, 15.05.2020
- Süddeutsche Zeitung, Olaf Scholz: Deutschlands beliebtester Politiker – und keiner hat’s gemerkt, 01.08.2018
- Huffington Post, Stirb langsam: Drei Entwicklungen zeigen das schleichende Ende der SPD, 07.05.2018 (nicht mehr verfügbar)
- Spiegel Online, Juso-Chef Kühnert: Der Krisengewinner, 30.11.2018
- TAZ, Kevin Kühnert bei Jan Böhmermann: „Rassistischer Bullshit der CSU“, 01.02.2018
- Deutschlandfunk, Juso-Chef Kevin Kühnert: Wann kommt der nächste Karrieresprung?, 06.12.2018
- Website der FDP, Besser nicht regieren, als falsch, Stellungnahme von Christian Lindner, 20.11.2017
- Website der FDP, German Engineered Klimaschutz, September 2019
- Die Linke, Bundessatzung, Fassung vom 22.02.2019 (PDF), § 32 Nr. 3: Kein Parteiamt soll länger als acht Jahre durch dasselbe Parteimitglied ausgeübt werden.
- FOCUS, Rangliste der deutschen Politiker (FOCUS-Ranking), INSA, 20.05.2020